World Cup Lausanne - ein etwas anderer Bericht

21.05.2021

Eindrücke vom World Cup in Lausanne 2021 

Lausanne ist als zweite Station des 2021 Hyundai Archery World Cups kurzfristig für Shanghai eingesprungen, viele für den Bewerb vorgesehene internationale Schiedsrichter*innen aus dem asiatischen Raum und Australien konnten nicht anreisen. Dadurch bekam ich die Chance auf einen weiteren internationalen Einsatz. 

Zu Coronazeiten ist auch international Vieles anders als gewohnt. Anreise und Akkreditierung sind nur mit gültigem PCR- oder Antigen-Test möglich. Unter der Woche werden stichprobenmäßig Personen - Schütz*innen, Volunteers, Schiedsrichter*innen - getestet. Das Leben spielt sich einzig im Hotel und am Wettkampffeld ab, alles andere, wie auswärts Essen oder Shoppen und Sightseeing, ist verboten. Alle Anwesenden sind verpflichtet, mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass sie sich an die Regeln halten werden. Wir Schiedsrichter*innen sind "Bubbles" zugeteilt. Für uns heißt das, dass wir in Viererteams beim Essen am selben Tisch sitzen und gemeinsam in einem Auto fahren.

Beim Zutritt auf das Gelände wird die Körpertemperatur gemessen, den ganzen Tag lang sind am Wettkampfgelände von allen Masken zu tragen (außer von den Schütz*innen auf der Schießlinie), Hygiene steht im Vordergrund. Es gibt keine Möglichkeit, dem Wettkampf zuzuschauen. Für die Schütz*innen in Lausanne aber am ungewohntesten ist, dass es kein Trainingsfeld gibt, auf dem jederzeit trainiert werden kann. Drei Passen direkt vor dem Wertungsdurchgang müssen reichen.

Um ein Trainingsfeld halbwegs "Corona-tauglich" zu machen, ist viel Platz notwendig und eine sehr große Anzahl an Trainingsscheiben, wenn man das Konzept "nur eine Schützin/ein Schütze pro Scheibe" durchziehen muss. Das war in Lausanne aus Platzgründen und aufgrund der allgemeinen Schweizer Corona-Auflagen anscheinend nicht möglich. Und vielleicht auch aufgrund der hohen Anzahl von Scheiben, die dafür notwendig gewesen wäre.

Nur für die Finalteilnehmer*innen wird aufgrund der geringen Anzahl eine Ausnahme gemacht werden. Ihnen steht ab Freitag zu Mittag das Qualifikationswettkampffeld fürs Trainieren zur Verfügung. Die Medaillenentscheidungen werden am Samstag und Sonntag direkt neben dem World Archery Excellence Center auf einem eigens hergerichteten Finalfeld geschossen. 

Vieles ist aber auch in Coronazeiten gleich geblieben und hat noch mehr an Bedeutung gewonnen. Ohne eine gute Zusammenarbeit zwischen Veranstalter, Auswertung, Schiedsrichterteam und einem engagierten und ausreichend großen Team von Volunteers geht gar nichts.

Dreh- und Angelpunkt eines jeden Turniers ist die Schießleiterin bzw. der Schießleiter. Das wird in Österreich - auch unter Schiedsrichter*innen - manchmal nicht so gehen und deren Rolle wird unterschätzt. International werden dafür nur die besten und in diesem Bereich erfahrensten Schiedsrichter*innen ausgewählt. Denn ohne die bzw. den Schießleiter*in "steht das Radl" - da kann das Schiedsrichterteam noch so super sein.

Was mir international auffällt ist, dass der Großteil der wirklich guten Schütz*innen keine Mätzchen macht. Natürlich wird um jeden Punkt gekämpft, aber mit fairen Mitteln. Meist wird man von diesen Schütz*innen als Schiedsrichter*in nur zum Pfeilewerten an die Scheibe gerufen, wenn es wirklich haarig ist.

Für mich als Schiedsrichterin ist das besonders interessant - die Menschen zu sehen, die hinter den großartigen internationalen Ergebnissen stehen. Was wer und gegen wen jemand schießt, wer gegen wen gewonnen hat, das bekomme ich weder national noch international wirklich mit. Ich konzentriere mich auf meine Schiedsrichteraufgaben, da ist keine Zeit, das zu verfolgen. Wenn dann aber nach der Qualifikationsrunde bei einem Stechen um die Plätze 6 bis 8 sechs Compoundschützen vor einem stehen und Du dann Größen wie Martin Damsbo und Evren Cagiran ihre Scheiben zuweist, dann sehe ich, dass auch das ganz normale aufgeregte Menschen sind, die mir und meinen Anweisungen und Entscheidungen vertrauen. Sie erinnern mich dann an "meine" österreichischen Schütz*innen zu Hause… 

Bettina Kratzmüller, Lausanne, 21. Mai 2021

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